Neue Mitte Schwelm ohne Parkplätze

Das Rathaus soll eine Tiefgarage bekommen. Per Tischvorlage (Nr. 26/2019 und 26/2019/1) sollte dies "mal eben zwischendurch" in der Sitzung des Rates am 14. Februar 2019 beschlossen werden. Auf dem Tisch liegt eine öffentliche Vorlage, deren Anlage 1 Seite 4 ein einziges Parkdeck mit 58 Stellplätze ausweist. Datum der Tischvorlage: 13.02.2019. Die Fraktionen hatten also keine Zeit, sich damit auseinanderzusetzen. Bündnis 90/Die Grünen stellten daraufhin den Antrag, diese Vorlage zu vertagen, damit darüber ausführlich beraten werden kann. Dem konnten wir uns nur anschließen.

58 Stellplätze - und die sind noch nicht einmal für die Bediensteten und/oder Besucher des Rathauses gedacht, sondern für den Einzelhandel im EG. Mitarbeiter und Besucher der zentralisierten Stadtverwaltung brauchen keine Stellplätze. Wir fragen und, ob die alle wirklich zu Fuß kommen. Oder mit dem Bus. Oder mit dem Fahrrad. Nun ja, wir gehen davon aus, dass von den 58 Stellplätzen dann doch ein paar für "Dienstfahrzeuge" reserviert werden sollen...

Spannend ist auch die Lektüre der Entwurfsplanungen zum Kulturzentrum auf dem Wilhelmplatz, dem die Villa ExtraDry zum Opfer fallen wird. Interessant ist Anlage 2 Seite 7: Das Kulturzentrum soll eine "Freianlage" bekommen. Das Gebäude schließt bündig mit dem Bürgersteig der Römerstraße ab - die "Freianlage" wird in Richtung Wilhelmplatz gebaut. Stellplätze sind übrigens nicht in den Entwürfen zum Kulturzentrum zu finden. Also sollen auch hier die Mitarbeiter und Besucher zu Fuß, per Fahrrad oder per Bus anreisen ? Oder werden Stellplätze auf dem Wilhelmplatz reserviert ? Schild dran. "Nur für Bedienstete der Musikschule, VHS oder Bücherei" oder "Nur für Besucher von Musikschule, VHS oder Bücherei". Stellplätze sind ja reichlich vorhanden, oder ? Nicht ? Nein, denn für das Rathaus müssen ja auch noch Stellplätze reserviert werden: "Nur für Besucher des Rathauses".

Um die restlichen Stellplätze dürfen sich dann alle anderen streiten, oder ?

Und dann kommt ja noch das "Leuchtturmprojekt" Kesselhaus - das ehemalige Sudhaus der Brauerei. Gastronomie soll dort entstehen. Und Wohnungen. Braucht man dafür Stellplätze ? Offensichtlich nicht, denn bislang hat sich niemand dazu geäußert.

Wir machen uns nichts vor, aber es ist nicht zu erwarten, dass der individuelle motorisierte Verkehr wirklich weniger wird - die Antriebsart der Autos wird sich sicherlich ändern. Aber niemand kann sagen, welche Art von Antrieb sich durchsetzen wird. Autonomes Fahren wird kommen, ja, aber wann ? Sicherlich nicht innerhalb der nächsten Jahre, in denen die "Bauwerke" der "Neuen Mitte Schwelm" fertiggestellt werden sollen. Insofern verbietet es sich eigentlich, die Frage nach der Anzahl der Stellplätze zu vernachlässigen.

Ohne ein adäquates Stellplatz-Konzept kann man den Planungen nicht zustimmen. 

Zur Schwelmer Bäderlandschaft

Zwei Bäder in Schwelm

Schwelm hat zwei Bäder für seine Einwohnerinnen und Einwohner gebaut. Das Freibad wurde an der Schwelmestraße etwas abseits der Innenstadt landschaftlich reizvoll im Schwelmetal südlich des Möllenkottens erbaut, das Hallenbad dagegen wurde innenstadtnah an der Ecke Mittelstraße/Herzogstraße errichtet. Die seinerzeitige Entscheidung für zwei getrennte Standorte ist aus damaliger Sicht sicherlich richtig gewesen, bringt aus heutiger Sicht aber auch Nachteile mit sich.

Beide Bäder sind in die Jahre gekommen

Es ist nicht zu übersehen, dass sowohl das Hallen- als auch das Freibad inzwischen in die Jahre gekommen sind. Notwendige Investitionen wurden zur Haushaltssicherung immer wieder verschoben bzw. auf das zwingend notwendige Minimum reduziert. Diese Ausgabenpolitik rächt sich natürlich irgendwann. Von einem "Ende der Nutzungsdauer" möchten wir aber dennoch nicht sprechen.

Sanierung statt Neubau

Wir finden, dass beide Bäder an ihren Standorten immer noch ihren Zweck erfüllen. Der Neubau eines Hallenbades verschlingt viel Geld - wieviel kann keiner zur Zeit verlässlich sagen. Ein teures Gutachten der Firma Ernst & Young (E&Y) hat die von der Politik ersonnenen Varianten geprüft und erste Kostenschätzungen auf den Tisch gebracht, die wir aber derzeit tatsächlich nur als Schätzungen einer Größenordnung betrachten (vgl. öffentliche Sitzungsvorlage Nr. 112/2017). Für den Neubau eines Hallenbades veranschlagen E&Y zwischen 9 und 13 Mio. Euro je nachdem ob ohne oder mit Sauna, für den Neubau eines Ganzjahresbades rund 16 Mio. Euro.

Die Finanzierung

Das Geld für den Neubau eines Bades - egal an welchem Standort und in welcher Variante - ist natürlich nicht in der Stadtkasse vorhanden, sondern ein solches Projekt muss langfristig finanziert werden - mit einem entsprechenden mittel- bis langfristigen Zinsrisiko. Nach vielen Anstrengungen und nach langen Jahren in der Haushaltssicherung ist der städtische Haushalt nun seit vier Jahren ausgeglichen. Große Sprünge machen kannn die Stadt Schwelm eigentlich nicht, wenn die wiedererlangte "Finanzfreiheit" nicht sofort wieder riskiert werden soll. Zudem ist es gelungen, die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer in den vergangenen Jahren nicht anheben zu müssen (an eine Senkung ist leider auf absehbare Zeit auch nicht zu denken). Wir vertreten die Meinung, dass man diese wiedererlangten Spielräume nicht sofort wieder auf's Spiel setzen sollte, sondern den Altschuldenberg Stück um Stück reduzieren sollte, zumal ja in Schwelm noch andere Neubau-Großprojekte durchgeführt werden sollen.

Unsere Kritik an den Neubau-Ideen

Wir halten einen Hallenbad-Neubau auf dem Freibad-Gelände zwar für denkbar und technisch höchstwahrscheinlich durchführbar, halten diesem aber einerseits die gegenüber einer Sanierung höheren Kosten entgegen, andererseits sehen wir aber auch eine zunehmende Belastung der Anwohner an der Schwelmestraße und an der Möllenkotter Straße durch Parksuchverkehre und "ruhenden Verkehr" (=parkende Autos), denn die bisherigen Machbarkeitsstudien haben lediglich dargestellt, dass ein Hallenbad-Neubau auf dem Gelände des Freibades wohl möglich ist, das "Drumherum" wurde aber dabei nicht betrachtet. Wir befürchten, dass das "Drumherum" zusätzliche, bisher nicht berücksichtigte Kosten in nicht unbeachtlicher Höhe verursachen.

Unser Vorschlag

Bisher konnte uns kein vorgebrachter Vorschlag davon überzeugen, dass eine Sanierungslösung die ungünstigere Variante für die zukünftige Bäderlandschaft in Schwelm ist. Wir plädieren daher nach wie vor für die Varianten 2A (Sanierung Hallenbad) und 2B (Sanierung Freibad) gemäß der E&Y-Studie.
Beide Bäder werden an ihren Standorten saniert - und zwar so, dass sie weitere 20 bis 30 Jahre betrieben werden können. Wichtig ist uns der Aufbau einer Instandhaltungsrücklage, um nicht wieder in einen Instandhaltungsstau zu geraten. Sicherlich sind in diesen Jahren auch die ein oder andere attraktivitätssteigernde Maßnahmen finanzierbar. E&Y schätzt die Kosten dafür grob auf rd. 3 Mio. Euro für das Hallenbad und auf rd. 4,3 Mio. Euro für das Freibad. Insgesamt also rd. 7,3 Mio. Euro. Wichtig ist uns dabei, dass die Baukosten nur ein Aspekt sind. Wir halten es für sehr wichtig, dass in einer Sanierung beider Bäder auch betriebskostensenkende Maßnahmen (z.B. zur Energieeinsparung etc.) umgesetzt werden, um auch die Folgekosten des Bäderbetriebes zu minimieren.